Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu (Sonder-)Vergütungsklauseln im WEG-Verwaltervertrag

Zum Sachverhalt:
Der BGH prüft im Rahmen eines Streits über den Anspruch eines WEG- Verwalters Klauseln aus dessen Vertrag, die ihm für bestimmte Fälle Sondervergütungen neben seiner Grundvergütung zugestehen. Der umstrittene Verwaltervertrag regelte neben einer Grundvergütung von 18 bzw. 19 Euro je Sondereigentumseinheit für 2019 bzw. 2020 auch noch Sondervergütungen: für außerordentliche Eigentümerversammlungen sollte der Verwalter 750 Euro, für die kaufmännische Betreuung von Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum ab einer Bausumme von 10.000 Euro 4%, bzw. 2% bei Hinzuziehung einer externen Bauleitung erhalten. Außerdem sollten 65 Euro/h für Gerichtsverfahren fällig werden und für die Abwicklung von Versicherungsschäden (vorausgesetzt, auch Sondereigentum war betroffen, eine Vergütung von 4% der Schadenssumme, maximal 5.000 Euro. Dieser Verwaltervertrag war Gegenstand eines Genehmigungsbeschlusses, der vom Kläger angefochten wurde- in den Vorinstanzen ohne Erfolg.
Wie entscheidet der BGH?
Er weist die Revision des Klägers zurück. Prüfungsmaßstab für den angefochtenen Beschluß sei alleine das Kriterium der „ordentlichen Verwaltung“. Ein Verstoß hiergegen sei nicht zu erkennen. Eine Prüfung der Klauseln am Maßstab der §§ 305 ff. BGB (Inhaltskontrolle gem. dem „Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“) finde hingegen im Rahmen des Beschlussanfechtungsverfahrens nicht statt (vgl. schon Urteil des BGH, abgedruckt in NJW 2020, Seite 988).
Die ausbedungene Vergütung für außerordentliche Eigentümerversammlungen hält der BGH angesichts der – im Urteil nicht mitgeteilten - Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für angemessen. Auch die Vergütung für die kaufmännische Betreuung größerer Bauvorhaben und die Begleitung gerichtlicher Verfahren sei bei Abwägung der beteiligten Interessen nicht zu beanstanden, auch eine Obergrenze der Vergütung sei entgegen der Ansicht des Klägers nicht erforderlich. Zwar habe der Senat (siehe o.g. Entscheidung) entschieden, dass bei den Aufgaben, die in jeder WEG laufend anfallen, der tatsächliche Gesamtumfang der Vergütung erkennbar sein müsse; hierzu gehörten diese streitigen Tätigkeiten aber nicht: sie fallen gerade nicht „laufend“ an.
Auch die Vergütung für die Abwicklung von Versicherungsschäden nach o.g Kriterien, entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Substanzielle Einwände gegen die Angemessenheit des Gesamtgefüges habe der Kläger nicht erhoben. BGH, Urteil vom 11.06.2021, Aktenzeichen V ZR 215/20
Praxisrelevanz der Entscheidung:
Die Regelungen des WEG sind durch Gesetzesnovelle zum 01.12.2020 grundlegend reformiert. Die o.g. Entscheidung ist noch zum davor geltenden WEG- Recht ergangen. Sie hat aber nichts an Aktualität verloren, denn Regelungen zum Verwaltervertrag und der Vergütungsstruktur enthält auch das ab 01.12.2020 geltende Recht nicht. Der BGH hat bereits in seiner grundlegenden Entscheidung im Jahr 2019 eine Vergütung nach dem Baukastenprinzip (Grundvergütung neben Sondervergütungen) für zulässig angesehen (BGH, a.a.O.) und dabei ausdrücklich die AGB-Prüfung vom Prüfungsregime der Anfechtungsklage ausgenommen. Jetzt hat sich der BGH ausführlich mit typischen Sondervergütungen befasst und diese gebilligt. Wir erwarten, dass die damit „abgesegneten“ Klauseln- die ohnehin schon weit verbreitet sind- folgerichtig bald in einer Vielzahl weiterer Verwalterverträge aufgenommen werden. Die Verwalterverbände werden sie massiert in ihrer Vertragsgestaltung berücksichtigen.
Ein riskantes „Aber“ bleibt für bestimmte Fallkonstellationen: die vom BGH in o.g. Entscheidung gerade nicht durchgeführte Prüfung anhand der Maßstäbe des AGB- Rechts findet z.B. statt, wenn ein neuer Verwalter für die WEG Rückforderungsansprüche gegen den alten Verwalter einklagt. Die Vergütungsklausel zu außerordentlichen Eigentümerversammlungen ist in ihrem Bestand gefährdet, wenn die Vergütung bei der so genannten „verwenderfeindlichsten Auslegung“ auch dann anfällt, wenn der Verwalter diese Versammlung verschuldet hat- dann steht ihm keine Vergütung zu!
Bei den Sondervergütungen für Gerichtsverfahren ist zu beachten, dass diese auch bei einem Erfolg für die WEG gem. § 2 des JVEG nur bis zu einem Stundensatz von 25 Euro vom Gegner erstattet werden (Entscheidung des LG Frankfurt/Main, ZMR 2021, 415). Darüber sollte der Verwalter bei Vertragsschluß aufklären!