Vorsicht Verjährungsfalle!

Insolvenz des Auftragnehmers verhindert Mängelbeseitigung: was tun?

Zwischen den Parteien eines Bauvertrags war unstreitig, dass der Auftragnehmer (AN) insolvenzbedingt festgestellte Mängel seiner Leistung nicht mehr zu beseitigen vermochte. Das OLG Rostock urteilt, hierdurch alleine entstehe bereits ein mängelbedingter Zahlungsanspruch- der Auftraggeber (AG) müsse anders als im Regelfall hingegen nicht mehr zur Beseitigung der Mängel auffordern. Die Verjährung von Ansprüchen gegen den Bürgen beginne folglich mit Schluss des Jahres, in dem die unstreitige Unfähigkeit zur Mängelbeseitigung eintrete. OLG Rostock, Urteil vom 08.03.2016, 4 U 82/14; BGH, Beschluss vom 18.07.2018, VII ZR 283/16 (Nichtzulassungsbeschwerde des Auftraggebers gegen das seine Berufung abweisende Urteil zurückgewiesen)

Was war passiert?
AG und AN sind durch einen Bauvertrag verbunden, der den AN verpflichtet, eine Mängelansprüchebürgschaft zu stellen; sie ist ausgestellt am 04.08.2004. Im Februar 2005 wird über das Vermögen des AN ein Insolvenzverfahren eröffnet. In einem anderen Rechtsstreit, der sich auf denselben Bauvertrag bezieht, trägt der AG im Juli 2005 unwidersprochen vor, dass der AN aufgrund seiner Insolvenz nicht mehr in der Lage sei, festgestellte Mängel zu beseitigen. Diese Tatsache ist damit zwischen den Parteien des hier vorliegenden zweiten Rechtsstreits unstreitig.
Im September 2009 verlangt der Insolvenzverwalter über das Vermögen des AN die Herausgabe der Mängelansprüchebürgschaft vom 04.08.2004.

Wie entscheiden das OLG und der Bundesgerichtshof?
Die Klage des Insolvenzverwalters hat Erfolg! Eventuelle Ansprüche des AG aus der Bürgschaft sind mit Ablauf des Jahres 2008 verjährt. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der AN insolvenzbedingt Mängel nicht beseitigen konnte. Es wäre eine reine Förmelei, trotzdem noch den Ablauf einer Nachbesserungsfrist zu fordern, was nach dem Gesetz an sich erst den Anspruch des AG auf Nachbesserung zum Zahlungsanspruch (auf Zahlung von Vorschuß oder von Ersatzvornahmekosten etwa) erstarken läßt. Deshalb entstand bereits im Juli 2005 (dem Zeitpunkt, in dem unstreitig die Unfähigkeit zur Nachbesserung eintrat) ein auf Zahlung gerichteter Anspruch gegen den Mängelansprüchebürgen. Der Anspruch ist sodann nach Ablauf von 3 Jahren, so genannte Regelverjährung, und zwar mit Ablauf des 31.12.2008, verjährt.

Praxistipps
Sicherheiten sind zurückzugewähren, sobald feststeht, dass der so genannte Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann. Das ist insbesondere dann zu bejahen, wenn etwaige Ansprüche des Bürgschaftsgläubigers gegen den Bürgen verjährt sind.
Ein auf Zahlung gerichteter Anspruch eines Auftraggebers gegen einen Mängelansprüchebürgen wird in der Regel fällig (i.e. entsteht i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB), sobald der Bürgschaftsgläubiger eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat und diese fruchtlos abgelaufen ist. Die dreijährige, ab Jahresende anlaufende Verjährungsfrist für Ansprüche des AG auf Zahlung beginnt bereits, wenn ausnahmsweise! ohne Fristsetzung wegen ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers ein auf Zahlung gerichteter Anspruch entsteht. Das ist bei der Kontrolle von Verjährungsfristen zu beachten.
Achtung: Oft weiß der AG nicht, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des AN eröffnet ist. Anhaltspunkte können sein: schlecht oder gar nicht besetzte Baustelle, Lieferanten schicken kein Material mehr, … Eine Frist zur Mängelbeseitigung ist nur dann „wirksam“ und läßt den Nachbesserungsanspruch zum Zahlungsanspruch erstarken, wenn der richtige Adressat die Mängelbeseitigungsaufforderung erhält- und das ist nach Eröffnung des Verfahrens der Insolvenzverwalter, nicht der AN! Auch im Insolvenzverfahren empfiehlt es sich also, den "sichersten Weg" zu beschreiten und dem Insolvenzverwalter wegen der Mängel eine angemessene Frist zur Beseitigung zu setzen. Dies gilt insbesondere, wenn der Auftraggeber anschließend einen Mängelansprüchebürgen in Anspruch nehmen will. Stellt sich nach Mängelbeseitigungsaufforderung an den AN heraus, dass kurz darauf das Insolvenzverfahren eröffnet wird, wiederholt man am besten die Aufforderung ggü. dem Insolvenzverwalter.